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DIE GANZE WAHRHEIT

ÜBER SIZILIANISCHE HOCHZEITEN

Ihr wolltet wissen: Was ist an der Hochzeit in „Kaktusfeigen“ echt? Was ist erfunden? Und wie sind sizilianische Hochzeiten wirklich? Hier berichte ich euch über die skurrilsten Geschichten, die ich auf all den sizilianischen Hochzeiten erlebt habe, auf die ich in den letzten zwanzig Jahren eingeladen war. Viel Spaß!


DIE BLUMENMÄDCHEN

Zum ersten Foto gibt es folgende Geschichte: Die Braut (jetzt meine Schwägerin) lebt in Sizilien, die drei Blumenmädchen jedoch in Norditalien und München. Es mussten aber alle drei Mädels dasselbe Kleid tragen, welches die Braut natürlich passend zu ihrem Kleid auswählen wollte. Sie hatte aber null Erfahrung mit Kindergrößen, deshalb musste eine Mutter das Shoppen übernehmen, und zwar meine andere Schwägerin in Norditalien. (Ich stand glücklicherweise nicht zur Debatte, da man solche Kleider in Deutschland erstens gar nicht bekommt, und ich zweitens gänzlich unqualifiziert für sizilianische Hochzeitsausstattung bin.)

Also ging meine Schwägerin gefühlt zweiundfünfzig Mal shoppen, bis sie endlich diese Kleider gefunden hatte, welche die Braut – halleluja – nach Handyfoto guthieß. Dann schickte sie zwei Kleider mit den angenommenen Größen unter Zeitdruck nach München, da es nur eine kurze Umtausch-Frist gab (italienische Post und so, hüstel). Sofias Kleid passte super. Lisas Kleid saß zwar schon etwas stramm, war aber nicht größer zu haben. Trotzdem: Endlich ein Kleid für alle drei, das der Braut gefiel, da mussten wir zugreifen.

In den darauffolgenden Pfingstferien brachten wir die Kleider mit nach Sizilien, wo meine Schwiegermutter und die Braut die Kleider persönlich besichtigten und absegneten (Puh!) – worauf dann die Schuh-Odyssee begann. Braut, Schwiegermutter, ich und meine beiden Töchter tigerten bei 30 Grad durch die Geschäfte, um passende Schuhe für alle drei Mädels zu finden.  Wir fanden sie schließlich, ich glaube, es war im fünften Laden der dritten Stadt, oder so. Ich habe die genauen Umstände verdrängt.

Die gesamte Ausrüstung verblieb sodann im Gewahrsam der Schwiegermutter in Sizilien, damit bloß nichts passieren kann ( ! bitte einmal bekreuzigen ! ), bis wir im Sommer zur Hochzeit wiederkamen. Und zwar, oh Schreck, mit einer ordentlich gewachsenen Lisa. Ob sie wohl noch in das Kleid reinpassen würde? Und wenn nicht, was dann?!?!?!? Wir reisten erst drei Tage vor der Hochzeit an, also keine Chance, neue Kleider zu finden. Die ganze Familie hat gebangt und gezittert. Wie ihr auf dem Foto sehen könnt, gab es ein Happy-end. Alle Kleider und Schuhe haben gepasst und wir hatten wunderschöne, stolze Blumenmädchen.

Vor der Hochzeit mussten die Kinder jedoch noch ein mehrstündige Haar-Styling über sich ergehen lassen, was sie bravourös gemeistert haben (Foto 2). Sofias Blick spricht allerdings Bände ;-)))


DER FRISEURSALON

Ich habe ein ganz besonderes Verhältnis zu einem bestimmten Friseursalon, der sich in einer sizilianischen Garage befindet … Deshalb kam der sogar schon zwei Mal in meinen Büchern vor.

In „Fluch der Saline“ ist es der Salon von Totòs Tante  Lily, der ersten Frau im Ort, die arbeitet und den Führerschein macht.  Und in „Kaktusfeigen“ betreibt Nunzia, die eigentlich Jura studieren und die Mafia bekämpfen will, einen Beauty-Salon in der Garage.

Zu jedem Sizilienurlaub gehört für mich ein Besuch dort und jedes Detail, das in den Romanen vorkommt, ist selbst erlebt, vom Mandelduft des Shampoos bis zur Nachbarin, die hereinstürzt, weil sie dringend einen Mixer braucht.

MEIN KLEID


Die Geschichte, wie Linda ihr Kleid ersteht, ist ziemlich nah an der Wahrheit angelehnt. Ich war bei besagter Hochzeit superenge Familie, somit auf jeder Menge Fotos und ständig im Hochzeitsfilm zu sehen. Deshalb war meine Garderobe Familienangelegenheit. Ich habe deshalb - nicht ganz freiwillig - große Teile meines Urlaubs damit verbracht, mit meiner Schwiegermutter und der Braut bei 35 Grad im Schatten durch die Geschäfte zu ziehen, um ein angemessenes Kleid zu finden.


Wahr ist: Genau wie Linda wurden mir von zwei übermotivierten Verkäuferinnen jede Menge bunte Kleider mit Tüll und Rüschen und Schleifen und Puffärmeln gebracht und ich habe mich gefühlt wie am Set eines Kostümfilms. Das ging gaaar nicht! (Wer mich persönlich kennt weiß, dass ich am liebsten Jeans und T-Shirt trage.) Ja, ja, Ihr dürft jetzt gerne über die blasse Deutsche mit dem langweiligen Bob und dem gequälten Gesichtsausdruck auf Foto 1 lachen :-)


Abgesegnet! Letztlich wurde es dann - wie im Buch - ein Kleid vom letzten Jahr im Sonderangebot, und zwar das schlichteste, das es in dem Laden gab: Mit hohem Schlitz und blauen Pailletten-Wellen. Es wurde äußerst kritisch beäugt von meiner Schwiegermutter  (Foto 2), noch kritischer fotografiert von der Braut, diskutiert im Familienchat und letztlich abgesegnet. Auch die (viel zu hohen) Schuhe und die Tasche haben wir natürlich alle zusammen ausgesucht. Man will ja schließlich keine brutta figura machen …


Das Ergebnis: Nachdem ich mich erfolgreich gegen eine aufwändige Hochzeits-Hochsteck-Frisur und sizilianisches Make-up gewehrt hatte (denn einmal bin ich da auf einer früheren Hochzeit ordentlich reingefallen - ich sage nur Opern-Diva), war das hier mein endgültiger Hochzeits-Look. Kommentar der Friseurin nach langer, ernster Betrachtung: "Semplice." Mit einem resignierten Seufzer.


Erfunden ist: Der gesamte Rest. Meine absolute Lieblings-Szene in „Kaktusfeigen“ ist übrigens das Bad im Brunnen. Und jetzt wisst ihr auch, warum.

Wer hier genau hinsieht, findet ganz oben das Bild von dem „schönen Mann mit Bart und Schlafzimmerblick“ aus „Fluch der Saline“ ;-)))

DER PANDA MIT DER STAUBIGEN SEELE


Hier sehr ihr meinen Schwiegervater, der meine Schwägerin und mich zum Make-Up bringt - natürlich im Panda mit der staubigen Seele, denn den gibt es wirklich. Auf diesem Foto sitzen wir zwar im neuen Modell, aber zu der Zeit, als „Kaktusfeigen“ spielt (2008), fuhr er noch seinen heiligen alten Panda Baujahr 1989. Der hatte 230.000 Kilometer drauf, als er ihn verkauft hat, und mein Schwiegervater war überzeugt davon, dass er mit ihm noch bis München hätte fahren können. Der Panda läuft bei seinem neuen Besitzer übrigens immer noch :-)

Ich liebe dieses Foto, weil es sooooooo sizilianisch ist. Siehst Du den Straßenverlauf? Siehst Du den Mann auf dem Stuhl vor seinem Haus sitzen? Spürst Du, wie der Wind durchs Fenster bläst und wie der Wagen durch die Schlaglöcher rumpelt? Riechst Du das italienische Rasierwasser?

Noch ist es kühl, aber die Sonne kommt schon über die Häuser. Es wird ein verdammt heißer Tag werden.


Sobald der nächste Newsletter erscheint, geht die Geschichte weiter.

ES GEHT LOS!


Sizilianische Hochzeiten sind echt anstrengend, oder wie Mitzi sagen würde: „So eine sizilianische Hochzeit ist fei kein Urlaub.“ Sie beginnen um 5.30 Uhr mit einem Espresso, natürlich  aus einer echten Bialetti. Der Mond steht noch am Himmel, es ist windstill und die Wellen rollen unten an den Strand. Um 6.00 Uhr holen uns meine Schwägerinnen ab, denn um 6.30 Uhr ist Friseur-Termin für die Frauen aus der Familie - natürlich alle gemeinsam, auf sizilianisch: Tutti n´zemmula (Tutti insieme). Auf Foto 3 seht Ihr Sofia beim Styling und meinen Neffen, der die Hände überm Kopf zusammenschlägt. Was er wohl gerade denkt? Und um 8.30 Uhr fährt uns mein Schwiegervater von der Friseur-Garage zur Make-Up-Garage - auf Foto 4 wird gerade eine meiner Schwägerinnen mit mehreren Schichten geschminkt, damit es auch bei 40 Grad und bis spät in der Nacht hält.