„Ein Pferd ist ein Pferd. Es hat keine Ahnung, dass es ein Klon ist.“

Interview mit „Horse Today“

„EIN PFERD IST MEHR ALS NUR DIE SUMME SEINER GENE.“

Die Autorin im Interview mit HorseToday: „Die Klon-Industrie existiert wirklich, genau so, wie sie der Wissenschaftler in meiner Geschichte beschreibt. Aktuell leben etwa 200 bis 300 Klon-Pferde auf der Welt.“

[HORSEtoday.]: In Ihrem Roman geht es um das Klonen von Pferden. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

[Anna Castronovo]: Als Journalistin habe ich erstmals 2003 zu diesem Thema recherchiert, als in Italien das erste Fohlen eines Klon-Pferdes zur Welt kam: Die Haflingerstute Prometea war nicht nur selbst das erste gesunde Klon-Pferd, sondern auch die erste Klon-Mutter eines gesunden Fohlens. Das war damals eine Sensation.

Dann habe ich 2013 wieder über Klonen geschrieben, als Ulla Salzgebers Olympiapferd Rusty dupliziert wurde. Ich war völlig geschockt, was in dieser doch relativ kurzen Zeitspanne alles passiert war: Es gibt mittlerweile viele Klone von Hochleistungspferden, eine riesige Gen-Datenbank, in der man Zellmaterial einfrieren oder aber kaufen kann. Inzwischen zeugen sogar Klone, die selbst schon im Deckeinsatz stehen, eigene Nachkommen.

So kann man zum Beispiel problemlos Tiefgefrier-Sperma von einem E.T.-Klon bestellen, dem ehemaligen Spitzenpferd von Springreiter Hugo Simon, das in Wirklichkeit aber ein Wallach war und mittlerweile auch schon gestorben ist.

Das alles fand ich alles so unglaublich, dass ich dachte: Das wäre doch perfektes Material für einen spannenden Pferdekrimi.

Was ist in Ihrem Roman Realität, was ist Fiktion?

Die Geschichte, die Personen, die Firma GenDouble und übrigens auch das Pferd sind frei erfunden. Aber die Klon-Industrie existiert wirklich, genau so, wie sie der Wissenschaftler in meiner Geschichte beschreibt. Aktuell leben etwa 200 bis 300 Klon-Pferde auf der Welt. Sie werden vor allem in Frankreich, Texas und Südamerika produziert.

Übrigens kann man auf der Homepage des französischen Klon-Unternehmens Cryozootech auch einen Film des Rusty-Klons sehen, wie er im Alter von zweieinhalb Jahren unter dem Reiter vorgestellt wird. Auch dieser Aspekt in meiner Geschichte ist also leider nicht frei erfunden.

 Ist das Klonen von Pferden in Deutschland erlaubt?

Nein. In der EU ist das Klonen von Tieren zwar erlaubt, sowohl zur Fleischgewinnung, als auch zu Forschungszwecken, aber Deutschland hat ein sehr strenges Tierschutzgesetz. Jeder genehmigungspflichtige Tierversuch, und als solcher gelten Klon-Experimente mit Tieren, muss einen angemessenen Zweck haben, wie etwa die Aussicht auf die Heilung von Krankheiten. Jeder Deutsche darf aber Klon-Pferde in anderen Ländern in Auftrag geben oder kaufen. Auch das Sperma von Klonen darf weltweit vertrieben werden, und die FEI hat Klone und deren Nachkommen vor drei Jahren sogar auf internationalen Turnieren zugelassen.

Glauben Sie, dass sich Klonen in der Pferdezucht etabliert?

Ich hoffe nicht. Das Spannende am Züchten, und auch das, was einen guten Züchter ausmacht, ist es doch, die richtige Anpaarung zu finden und dann zu hoffen, dass man mit der Hilfe von artgerechter Aufzucht und der richtigen Ausbildung ein gutes Pferd herausbekommt. Ein solches Tier ist schließlich mehr als nur die Summe seiner Gene, da spielen viele Faktoren eine Rolle.

Was kostet denn so ein geklontes Pferd bzw. der Samen eines Klon- Pferdes im Durchschnitt – im Vergleich zu „marktüblichen Preisen“?

In Texas kostet ein fertiger Klon etwa 165.000 Dollar – fällig bei Lieferung eines gesunden Fohlens. Bestellt man in Frankreich aus der illustren Gen- Datenbank des Unternehmens Cryozootech einen Klon, etwa von Beauvalais (Heike Kemmer), Jolie Coeur (Franke Sloothaak) oder Rusty (Ulla Slazgeber), kommt man auf rund 250.000 Euro. Derselbe Preis gilt, wenn man sein eigenes Pferd klonen lassen möchte – auch das ist möglich. Vergleichsweise günstig ist dagegen TG-Samen von Klonen. Das Gen- Material von E.T. kostet zum Beispiel 450 Euro pro Portion. Das wird wohl häufiger in Anspruch genommen. Zumindest sind momentan 15 E.T.-Nachkommen, die also aus dem Sperma des E.T.-Klons gezogen wurden, bekannt.

Wird  von den derzeit 200 bis 300 Klon-Pferden schon eine nennenswerte Anzahl erfolgreich im Sport eingesetzt? Welche Klone sind das beispielsweise?

Die FEI hat Klone und deren Nachkommen im Sport zugelassen. Beide “Varianten” waren in den letzten Jahren immer mal wieder zu sehen, meist auf Springturnieren in Belgien und Frankreich. Vor allem das belgische Gestüt Zangersheide setzt auf Klone, dort leben zurzeit zwischen zehn und zwanzig Klon-Pferde. So wurde die Gen-Kopie von Levisto Z namens Levisto Alpha Z 2014 Belgischer Meister der Vierjährigen Springpferde.

Beim Französischen Championat 2015 in Fontainebleau siegte der Nachkomme des E.T.-Klons Et Cetera Z bei den Vierjährigen. Der Geschäftsführer von Cryozootech, der die beiden Rusty-Klone erschaffen hat, will diese als Deckhengste einsetzen, sie aber auch für den Dressursport ausbilden lassen. Sie sind allerdings erst drei Jahre alt; es wird sich also erst noch zeigen, ob sie die gleichen Qualitäten haben wie der echte Rusty.

In der Zucht wird der Samen einer E.T.-Kopie vermarktet. Gibt es – neben Rusty – weitere bekannte Pferde, die als Klone zur Verfügung stehen?

Auch Quidam de Revel, Chellano I, Gem-Twist, Calvaro V, Levisto Z, Air Jordan, Top Gun La Silla, Romulus 16 und Jazz, die alle aus dem internationalen Sport bekannt sind, haben Klone. Diese stehen alle im Deckeinsatz.

Werden im “Pferdebusiness” nur männliche Tiere wg. der Spermaproduktion geklont?

Nein, es gibt auch Stuten, die geklont wurden. So zum Beispiel die legendäre Dressurweltmeisterin Poetin (Sandro Hit/Brentano), welche bereits im Alter von acht Jahren starb und keine eigenen Fohlen hatte. Auch Grande Dame (Grannus/Ramino) und Ludger Beerbaums Olympia-Pferd Ratina Z (Ramiro Z/Almè Z) haben bereits mehrere “Kloninnen”.

Eines der geklonten „Duplikate“ von E.T. sieht schon optisch anders aus als sein „Original“. Über die Vergleichbarkeit in der sportlichen (oder züchterischen) Leistung eines Klon-Pferdes lässt sich doch vermutlich (noch) wenig aussagen… Nur die Gen-Basis macht noch kein „Super-Pferd“, wie Sie selber bereits anmerken. Doch wer bereits für den Klon viel Geld investiert, wird doch nicht an der Ausbildung (und der Haltung) sparen. D.h. ein geklontes Pferd müsste unter (halbwegs) identischen Bedingungen auch vergleichbare Leistungen zeigen wie sein Original – so vermutlich das weit verbreitete Verständnis vieler Reiter… Es muss daher offensichtlich weitere Einflussfaktoren geben, die ein bspw. sportlich erfolgreiches Pferd ausmachen. Welchen Mehrwert bietet dann das Klonen überhaupt?

Der Grundgedanke des Klonens ist, Erbmaterial von Pferden für die Zucht nutzen zu können, die zwar hocherfolgreich und damit für die Pferdezucht wertvoll sind, sich selbst aber nicht fortpflanzen können, zum Beispiel, weil sie Wallache sind (wie E.T. oder Rusty). Deren Klone bleiben hingegen Hengste und können ihr Genmaterial weitervererben. Oder weil sie schon tot sind (wie Poetin oder Ratina). Es geht also weniger um die Leistung der Klone selbst, sondern um die ihrer Nachkommen. Der Grund dafür, warum Klone zum Teil anders aussehen als die Originale, sind die sogenannten epigenetischen Veränderungen: Chromosomen werden nicht nur eins zu eins vererbt, sondern auch durch äußere Faktoren beeinflusst. Ein Embryo, der im Reagenzglas gezeugt wird, ist zum Beispiel anderen Bedingungen ausgesetzt als einer, der in der Gebärmutter entsteht. Auch die Leihmutter hat einen gewissen Einfluss. Aufzucht und Ausbildung eines Pferdes sind ebenfalls mitentscheidend für dessen Leistungsfähigkeit, und natürlich der Reiter. Auch die Wesensmerkmale hängen nicht nur vom Genmaterial ab, sondern auch von den Erfahrungen, die ein Pferd macht. Trotzdem sagen einige Reiter, die erst auf dem Original saßen, und dann den Klon reiten, sie hätten ein Deja-vu-Erlebnis. Es ist eine spannende Frage, inwieweit ein Klon seinem Vorbild ähnelt oder eben nicht. Wie dem auch sei: Klone transportieren in der Regel wertvolles Genmaterial, das sonst verloren wäre. Das ist zumindest der Mehrwert für die Zucht.

Demnach liegt der Schwerpunkt für den Einsatz der Klon-Technologie in der Pferdezucht. Der Trend, bei der Auswahl und dem Erwerb eines Pferdes vor allem nach dem Pedigree zu entscheiden, scheint dies zu bestätigen – nach dem Motto: Ich reite einen „Rusty recovered“ x ABC oder einen „Totilas twice as much“ x DEF… Auch, wenn man auf einer Abstammung bekanntermaßen nicht reiten kann…

Ja, absolut. Wie gesagt, die Klone selbst sollen in erster Linie das Genmaterial weitergeben und nicht unbedingt selbst im Sport erfolgreich sein. Dazu kommt noch, dass Klone wesentlich öfter gesundheitliche Probleme und Organschäden haben, als natürlich gezeugte Tiere. Ihre Nachkommen sind aber in der Regel gesund; sie sind ja selbst auch wieder natürlich gezeugt. Trotzdem wollen Züchter natürlich sehen, ob und wie gut die Klone selbst sind, von denen sie evtl. das Sperma beziehen … Es kursieren zahlreiche Videos im Internet, auf denen Klone ihre Qualitäten im Parcours oder im Viereck zeigen.

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